“So steuern Sie Ihre Chefs” – wie Sie Ihre Doktoren überzeugen und Ihre Wünsche schneller erreichen.
Im letzten Blog-Artikel haben wir uns unter dem Motto „man kann nicht nicht kommunizieren“ mit der Frage beschäftigt, welche Erfolgsfaktoren zu einer guten Wirkung von Patientengesprächen beitragen. Sie haben gelernt, dass viel mehr als Wortwahl vor allem Aspekte wie Tonfall, Mimik, Gestik und Körpersprache wichtig sind.
Heute möchte ich Ihnen einige Hintergründe und Tipps zur Kommunikation im Team geben. Im Team bedeutet zum einen Kommunikation mit Ihren Kolleginnen und Kollegen und zum anderen Kommunikation mit Ihrem Chef.
Im Gegensatz zur Kommunikation mit Patienten gibt es in der Kommunikation innerhalb des Praxisteams zusätzliche Herausforderungen zu meistern. Sie verbringen über das Jahr gesehen oft mehr Zeit gemeinsam mit Ihren Kolleginnen und Kollegen als mit Ihrer Familie. Deshalb ist es wichtig, dass die Arbeitsatmosphäre passt. Wer jeden Tag mit einem mulmigen Gefühl in die Arztpraxis kommt oder vielleicht sogar schon dicke Halsvenen bekommt, wenn er eine bestimmte Kollegin trifft, benötigt dafür viel Energie und Kraft und kann sich nicht voll auf die Arbeit konzentrieren. Deshalb spielt die Vermeidung von Missstimmungen und Konflikten eine große Bedeutung. Gute Kommunikation kann zur Konfliktprävention beitragen und Deeskalation schneller ermöglichen.
In meinen Seminaren in Arztpraxen erlebe ich oft, dass viele gute Ideen im Team vorhanden sind, wie bestehende Arbeitsabläufe und Rahmenbedingungen verbessert werden könnten. Häufig haben sich Ihre Kolleginnen und Kollegen viele Gedanken gemacht, was man anders organisieren könnte, um Wartezeit zu reduzieren, Abläufe zu beschleunigen oder Aufwand zu verringern. Leider scheitert die Umsetzung oft daran, dass es nicht gelingt, die Chefs zu überzeugen, die angedachte Änderung zu unterstützen bzw. ihr zuzustimmen.
Was können Sie selbst tun, damit Sie mehr Erfolg bei der Umsetzung Ihrer Ziele haben?
Hilfreich ist, sich zuerst in Ihren Chef hineinzuversetzen. Was ist ihm wichtig? Was stört ihn selbst am aktuellen Ablauf? Was möchte er gerne auch ändern?
„Die Welt aus den Augen des anderen sehen“ – diese Redewendung hilft nicht nur im Dialog mit dem Chef, sondern auch im Gespräch mit Ihren Kolleginnen und Kollegen. Oft glauben wir, dass unsere Wahrnehmung „richtig“ ist und der andere „falsch“ reagiert bzw. gegen einen ist.
Versucht man, sich in den anderen wirklich hineinzuversetzen, kommen manchmal ganz andere Beobachtungen zum Vorschein. Plötzlich erkennt man, dass die Kollegin, auf die man bis gerade noch einen Groll wegen einer schnippischen Formulierung hatte, eigentlich gar nichts persönlich an einem selbst kritisieren wollte. Der Satz „Ist noch kein Kaffee gemacht?“, den Ihre Kollegin Ihnen heute vormittag in der Personalküche zugeworfen hat, erhält plötzlich eine ganz andere Bedeutung: Bis gerade eben haben Sie ihn persönlich als Appell auf sich bezogen haben, weil Sie keinen Kaffee gemacht hatten. Plötzlich entsteht ein ganz anderer Sinn, weil Sie sich in die Kollegin hinein versetzt haben und erkannt haben, dass sie aufgrund der Krankheit ihrer Tochter in der ganzen Nacht kaum geschlafen hatte, total erschöpft und müde in die Praxis kam und einfach dringend einen Kaffee brauchte, um fit zu werden und den Tag zu überstehen. Kein Vorwurf an Sie, sondern nur eine Selbstoffenbarung, dass sie müde ist und deshalb Lust auf Kaffee hat. Sie sehen: Durch den Perspektivenwechsel erkennen Sie, dass es regelmäßig mehrere Wahrheiten gibt (im letzten Teil unseres Newsletters hatte ich Ihnen dies anhand des Konzeptes „4 Seiten einer Nachricht“ näher vorgestellt – wenn es Sie interessant, lesen Sie es gerne nochmals nach).
So ähnlich, wie Sie in dem skizzierten Beispiel mit dem Kaffee Ihre Kollegin genauer versucht haben zu verstehen und dadurch Ihre eigene Bewertung der Situation ändern konnten, kann Ihnen der Blickwinkel aus den „Augen des anderen“ auch helfen, Ihre eigenen Wünsche und Ziele zu erreichen. Voraussetzung ist eben, erst den anderen genau zu verstehen, um daraus möglichst gut geeignete Argumente abzuleiten, die ihn überzeugen könnten.
Diese Argumente sollten sich idealerweise an den persönlichen Interessen und Bedürfnissen Ihres Chefs orientieren. Menschen sind verschieden. Ärzte auch. Sind ja auch nur Menschen…
Verschiedene Modelle der menschlichen Bedürfnisse und Motive für Motivation unterscheiden verschiedene „Typen“ von Menschen. Es gibt die rational denkenden Ärzte, (die Sie vor allem mit entsprechenden Zahlen, Daten und Fakten überzeugen können), es gibt visionäre, die bei jedem neuen Trend mit dabei sein möchten – erkennbar z.B. am neuesten Iphone) und sehr emotionale, denen das Patientenwohl en erster Stelle steht. Andere sind vor allem an Abläufen und Strukturierung interessiert.
Denkstile nach Hermann Brain (HBDI)
Typ |
Eigenschaften |
Überzeugung durch… |
„gelber Typ“ |
Intuitiv, ganzheitlich, einfallsreich, konzeptionell |
Innovation, Trends, Alleinstellungsmerkmale |
„roter Typ“ |
zwischenmenschlich, mitfühlend, mitteilsam, emotional |
Patientenwohl, Gutes |
„grüner Typ“ |
Strukturiert, kontrolliert, organisiert, geplant |
Effiziente Abläufe, hoher Strukturierungsgrad |
„blauer Typ“ |
Logisch, rational, analytisch, quantitativ |
Zahlen, Daten, Fakten |
Versuchen Sie also, Ihren Chef zu einem dieser Typen zuzuordnen. Je nachdem wie er drauf ist, macht es Sinn, entweder sachliche bzw. emotionale Argumente anzubringen oder zu versuchen, neue Ideen mit Relevanz für Trends („damit sind wir unter den ersten und unterscheiden uns von den meisten anderen HNO-Praxen“) zu skizzieren. Manchmal spielen auch Faktoren wie der Ruf einer Praxis („das honorieren unsere Patienten sicher positiv und sprechen begeistert von der Änderung“) oder Sicherheit („damit können wir den Ablauf deutlich verlässlicher und genauer als heute planen“) eine wichtige Rolle.
arztpraxis-seminare
Wie gelingt es Ihnen, Ihren Chef davon zu überzeugen, dass Ihre Gedanken sinnvoll sind und umgesetzt werden sollten?
Menschen, die Produkte oder Dienstleistungen verkaufen, stehen tagtäglich vor genau dieser Herausforderung: Wie schaffe ich es, eine interessierte Person dazu zu bringen, mein Produkt zu kaufen und sich nicht für die Alternative eines Wettbewerbers zu entscheiden? Das Stichwort lautet hier „überzeugen“. Im Gegensatz zu Ihrem Chef, der Ihnen einfach Vorgaben machen kann, was und wie Sie bestimmte Dinge zu tun haben, müssen Sie ihn wirklich davon überzeugen, dass Ihre Idee sinnvoll ist.
Im Verkauf gibt es dazu einen wichtigen Grundsatz. Zielsetzung der Kundengespräche sollte sein, beim Kunden einen Nutzen zu erzielen.
Für fast alle Produkte (aber auch für Neuerungen und Änderungen, die Sie in Ihrer Praxis umsetzen möchten) ist es möglich, folgende Eigenschaften zu definieren:
1. Merkmal
2. Vorteil
3. Nutzen
Lassen Sie uns anhand eines konkreten Beispiels besprechen, wie das genau im Praxisalltag aussehen könnte.
Stellen wir uns vor, Sie möchten Ihre Terminplanung ändern. Bisher wurde das in Ihrer Praxis eher stiefmütterlich gehandhabt. Termine wurden bisher in 15-Minuten-Intervallen vergeben (weil das bei Installation der Praxis-EDV irgendwann irgendjemand so eingestellt hatte und niemand weiß, wie man es ändern kann). Sind die Termine gefüllt (was meistens schnell der Fall ist, weil oft mehr Patienten da sind als Termine möglich), werden einfach Zeitfenster doppelt vergeben. Im Ergebnis trägt jeder aus dem Team irgendwie Termine ein, eine bestimmte Struktur fehlt und wirklich planen können Sie mit den Terminen auch nicht, was immer wieder zu längerer Wartezeit in Ihrer Praxis führt. Abends endet die Sprechstunde deshalb nicht dann, wenn man es laut Terminkalender erwarten würde, weil sich im Lauf des Tages ordentlich Wartezeit bildet und zum Ende der eigentlichen Sprechstunde oft noch das ganze Wartezimmer voller Patienten ist.
Sie möchten Ihren Chef davon überzeugen, dass Sie zukünftig Termine genauer planen möchten. Das bedeutet für Sie, einige Rahmenbedingungen zu definieren und sich konsequenter wie bisher daran zu halten (sinnvoll finden Sie zum Beispiel, die Termine kürzer zu planen, um mehr Patienten berücksichtigen zu können. Da Ihr Chef selten 15 Minuten je Patient benötigt, stört Sie dieses Intervall schon länger). Allerdings kostet die Änderung in der Praxis-EDV eventuell Geld. Zusätzlich ist Ihnen auch wichtig, dass Ihr Chef nicht wie bislang selbst eigenmächtig Termine für Bekannte vergibt, andere Termine verkürzt oder verschiebt
Wie gehen Sie hier vor?
- Merkmal definieren: Sie möchten die Funktion der Praxis-EDV, Termine möglichst genau planen zu können, nutzen. Beschreiben Sie möglichst genau, was Sie zukünftig anders machen möchten und formulieren das für sich in einem möglichst konkreten und kurzen Satz, der die wichtigsten Änderungen enthält. Beispiel: „Ich möchte die Terminplanung EDV-unterstützt ändern, damit wir die Termine genauer nach dem entsprechenden Zeitbedarf der Behandlung planen und managen können“
Merkmale sind zwar wichtig, aber oft nicht ausreichend, um andere Personen zu überzeugen (insbesondere dann nicht, wenn das Merkmal für die jeweilige Person nicht griffig oder relevant ist). Deshalb versuchen wir in einem zweiten Schritt jetzt, Vorteile zu finden, die die Idee mit sich bringt.
- Vorteil herausarbeiten: Überlegen Sie sich, welche Vorteile damit verbunden sind. Für den Patienten bringt Ihre Änderung einige Vorteile mit sich, weil sie durch die genauere Planung weniger lange in der Praxis warten müssen. Für Ihre Praxis ist vorteilhaft, dass Sie durch die genauere Planung weniger Chaos erzeugen: Die Rückfragen von Patienten gehen zurück, die Anzahl der gleichzeitig wartenden Patienten sinkt (weil alles pünktlicher läuft) und damit auch der Lärm- und Stresspegel in der Praxis.
Gehen Sie auch hier wie schon bei den Merkmalen so vor, dass Sie sich einen Satz überlegen, der die Vorteile am besten zum Ausdruck bringt (idealerweise sollten Vorteile, die auf Ihren Chef direkte Wirkung entfalten, im Vordergrund stehen).
Beispiel: „Durch die Änderung sind Sie tagsüber weniger gestresst, weil wir nicht immer wegen Reklamationen umplanen müssen. Außerdem reduziert sich die durchschnittliche Wartezeit für die Patienten und es müssen nicht immer Patienten auf dem Gang stehend warten, weil das Wartezimmer voll ist.“
Vorteile sind schon deutlich besser geeignet, bei der Person, die man überzeugen möchte, Zustimmung zu erhalten. Dennoch werden Sie damit noch nicht alle Ideen umgesetzt bekommen. Noch besser gelingt Ihnen das, wenn Sie aus den Vorteilen einen Nutzen ableiten können, der für Ihren Chef eine Relevanz hat.
3. Aus den Vorteilen Nutzenargumente ableiten: Welchen Nutzen bringen die skizzierten Vorteile? Durch die genauere Planung der Sprechstunde können Sie auch das Ende der Sprechstunde besser planen. Das hat für Ihren Chef einen großen Nutzen: er kann sich endlich wieder abends zum Tennis spielen verabreden, ohne (wie bislang) regelmäßig den bereits ausgemachten Termin verschieben oder absagen zu müssen. In letzter Zeit hat er eigentlich gar keine Tennis-Termine mehr vereinbart, weil er so oft absagen musste.
Auch hier formulieren Sie wieder einen Satz, der den Nutzen deutlich zum Ausdruck bringt: „Durch die bessere Planung steigt die Patientenzufriedenheit, was bei uns im Team die Stimmung auch wieder steigern dürfte und Sie können endlich wieder pünktlich raus und Ihre Tennis-Verabredungen wieder wahrnehmen.“
Dieses Argument überzeugt ihn letztendlich am meisten, weil er einen persönlichen Nutzen in der Änderung erkennt.
Sie sehen: Immer dann, wenn Sie einen Nutzen definieren können, der Ihrem Chef wichtig ist, haben Sie es einfacher.
In der Tabelle finden Sie nochmals die Zusammenfassungen möglicher Merkmale, Vorteile und Nutzenbestandteile für das skizzierte Beispiel:
Merkmal |
Vorteil |
Nutzen |
Genauere Terminplanung Höhere Übersichtlichkeit Weniger Änderungen Einfachere Bedienung |
Weniger Wartezeit Weniger Patienten gleichzeitig in der Praxis Weniger Hektik
|
Größere Patientenzufriedenheit Besseres Arbeitsklima Bessere Planbarkeit privater Termine |
Damit Sie auch im hektischen Alltag überhaupt die Chance haben, Ihrem Chef die Idee zu präsentieren, bereiten Sie optimalerweise die 3 Sätze in Ruhe vor. Damit haben Sie die Möglichkeit, innerhalb von wenigen Sekunden präzise und genau zu skizzieren, was Sie möchten. Und dann bleibt nur noch eines: Daumen drücken, dass Sie sich die richtigen Argumente ausgesucht haben (wenn Ihr Chef eigentlich gar keine Lust mehr auf Tennis hat, wird Ihre gute Idee vermutlich nicht umgesetzt😊)
Praxis-Tipps:
Zusammenfassung:
Wer andere beeinflussen will, um seine Wünsche und Ziele zu erreichen, muss sie überzeugen können. Das gelingt Ihnen bei Ihrem Chef am besten, wenn Sie verstehen, was für ein „Typ Mensch“ er ist, was ihm wichtig ist etc. Aus diesen Vorüberlegen leiten Sie Vorteile und Nutzenargumente Ihrer geplanten Anregung ab und formulieren diese so, dass Sie in der Lage sind, die Argumente knapp und klar so vorzubringen, dass Sie auch zwischen Tür und Angel in der Lage sind, Ihre Idee vorzustellen. Damit haben Sie die besten Voraussetzungen erarbeitet, die zum Gelingen Ihres Wunsches beitragen können. Alles andere ist Glück😊